Es wurde bereits viel darüber geredet, wie sich die Arbeitswelt in den letzten Monaten auf schlagartige Weise verändert hat. Jetzt kommt es darauf an, diese Erkenntnisse zu nehmen und als Lektionen für die Gestaltung von Arbeitsmodellen in Zukunft zu nutzen. Ein paar Beispiele sind das erfolgreiche Führen eines räumlich verteilten Teams oder die richtige Balance zwischen Präsenz- und Homeoffice. Dinge, die auch in unserer Work.Reworked 2020 Studie behandelt wurden. Am erstaunlichsten war es aber für mich zu sehen, wie dynamisch Unternehmen sein können, wenn sie müssen. Genau diese Dynamik darf uns nicht wieder verloren gehen.
Über diese Entwicklungen und die dadurch entstandenen Wegweiser durfte ich mich kürzlich mit Kolleginnen und Kollegen aus der Branche bei einem Roundtable zum Thema „Home Office 2.0“ austauschen. Worauf sollten Unternehmen achten, und welche Erfolgsbeispiele gibt es?
Es wurden viele Themen besprochen, die uns zeigten, wie vielfältig Gespräche über die Zukunft der Arbeit sein können und damit auch die Aspekte, die bei der Planung von Arbeitsmodellen beachtet werden müssen. Aber egal, worum sich das Gespräch drehte – Unternehmensmodelle, Management, MitarbeiterInnen oder Regulierungen – der gemeinsame Nenner war dabei immer Flexibilität.
Der richtige Rahmen
Die oberste Ebene, von der mehr Agilität gefragt ist, sind GesetzgeberInnen und EntscheidungsträgerInnen. Der Stein der Digitalisierung ist ins Rollen gekommen und nimmt immer mehr an Fahrt auf. Hier müssen wir als Land und Wirtschaftsstandort mithalten. Was nur möglich ist, wenn wir geeignete Rahmenbedingungen aufstellen – und zwar solche, die mit der Zeit und der aktuellen Technologie mitgehen.
Jetzt anzufangen, veraltete Regulierungen anzupassen, ist ein Schritt in die richtige Richtung, darf aber nicht der letzte bleiben. Bei Themen wie Datenschutz oder Cybersicherheit braucht es klarerweise einheitliche Richtlinien, die aber im Falle des Falles schnell geändert werden können. Denn neue Entwicklungen im digitalen Raum warten nicht auf ein Gesetz. Auf arbeitsrechtlicher Seite ist es wichtig, Unternehmen genug Freiräume zu lassen, die Arbeitsweise zu finden und zu gestalten, die für sie am besten passt.
Individuelle Ansätze statt One-Size-Fits-All
Unternehmen sind gerade noch dabei zu experimentieren und herauszufinden, welches Modell für sie am besten funktioniert. Bei Microsoft konnten wir zu beinahe 100% auf das Homeoffice umsteigen, für viele Firmen könnte die Situation aber nicht unterschiedlicher sein. Arbeitsprozesse wie Verkauf, Herstellung oder Lieferung können nicht von zu Hause erledigt werden. Sie erfordern die Arbeit vor Ort. Kreative Berufe brauchen aktiven Austausch zwischen KollegInnen. Und selbst wenn der volle Wechsel ins Homeoffice möglich war und auch weiterhin wäre, brauchen Menschen sozialen Kontakt und wünschen sich hin und wieder einen Plausch beim Mittagessen.
Hier gibt es also keine One-Size-Fits-All-Lösung, die man von anderen Firmen übernehmen kann. Die Frage dreht sich nicht nur mehr ums Homeoffice. Jedes Unternehmen muss für seine Bedürfnisse das richtige Modell finden – sei es mit analoger, digitaler oder hybrider Arbeit – und dabei auch weiterhin neuen Ideen und Technologien offen gegenüberstehen. Denn wie wir jetzt alle wissen: der Status Quo kann sich unerwartet schnell ändern.
Im Mittelpunkt steht immer noch der Mensch
Diese neuen, individuellen Modelle müssen natürlich auch von jemandem in ein passendes Design gebracht werden. Hier kommen die Führungskräfte ins Spiel. Damit nachhaltige Veränderung laufend stattfinden kann und in der Unternehmenskultur verankert wird, müssen alle mitziehen. Das funktioniert nur, wenn Geschäftsführer und ManagerInnen mit Mut voran gehen und damit den MitarbeiterInnen die Angst vor dem Neuen, Unbekannten nehmen.
Denn genau das muss bei allen Überlegungen immer im Mittelpunkt stehen: Das Wohl der MitarbeiterInnen. Wir verbringen mittlerweile extrem viel Zeit vor Bildschirmen, denn sogar die kurzen Gespräche im Büro sind zu Online-Meetings geworden. Als Arbeitgeber hier auf mehr Ausgleich – oder Digital Detox – zu achten, indem man aktiv den Kontakt zum Team hält und individuelle Wünsche beachtet, trägt zum Wohlbefinden der MitarbeiterInnen bei, was sich wiederum im Innovationspotential der Arbeit niederschlägt. Hier können Unternehmen aber nur bedingt Vorgaben machen, die für die gesamte Belegschaft gelten.
Verschiedene Lebensweisen haben für viele den Unterschied gemacht zwischen produktivem Arbeiten und Frustration. Menschen sehnen sich nach genug Freiraum, die Work-Life-Balance ihren Bedürfnissen anzupassen. Eltern brauchen genug Zeit für Kinder und damit auch für das Homeschooling. Alleinlebende können schnell den Konnex verlieren und sich isoliert fühlen. Um diesen sozialen Aspekt auszugleichen, wollen MitarbeiterInnen im Schnitt ein Drittel der Arbeitszeit im Homeoffice, den Rest im Büro verbringen. Denn, obwohl wir in Zukunft sicher ganz anders arbeiten werden, wollen wir es doch gemeinsam tun.