Professor Leo Kouwenhoven ist ein wichtiges Mitglied des Quantenteams von Microsoft und leitet ein Team von Forschern und Ingenieuren im Microsoft Quantum Lab im niederländischen Delft. Wir haben mit Professor Kouwenhoven darüber gesprochen, weshalb die Entwicklung eines Quantencomputers so schwierig ist.
Weshalb ist es so schwierig, einen Quantencomputer zu entwickeln? Wir kennen nicht alle Antworten auf diese Frage. Wir wissen jedoch, dass in der Welt von Atomen und Molekülen deren Verhalten von Quantenregeln bestimmt werden, während in unserer Welt – wo Dinge einfach zu Boden fallen – klassische Regeln gelten. Und über die Verbindung zwischen diesen beiden Arten von Regeln wissen wir – zumindest im Moment – noch nichts.
Damit wir einen Quantencomputer entwickeln können, müssen wir nun unser klassisches Wissen zum Erstellen und Steuern eines Quantensystems anwenden. Und das ist gar nicht so einfach. Wir setzen klassische Signale und Objekte ein und versuchen dabei, das Quantenverhalten dieser Materialien zu aktivieren.
Es handelt sich hier aber nicht um Quantenmechanik wie bei Atomen und Molekülen. Hier setzen wir elektronische Chips ein, und wir entwerfen und steuern sie so, dass das Quantenverhalten das dominierende Verhalten der Elektronen in diesen Chips ist.
Quantenphysik in der Hosentasche
Vielleicht denken Sie, dass Quantencomputer ganz klein sind, da bei einer Quantenschaltung kleinste Teilchen eingesetzt werden, das stimmt aber nicht ganz. Die Quantenschaltung an sich ist sehr klein – mit dem blossen Auge können wir sie nicht sehen. Der Apparat, den man jedoch benötigt, um sie zu kühlen und zu steuern, ist riesig. Zumindest im Vergleich zu den Computern, die wir heute in unseren Hosentaschen mit uns herumtragen.
Weshalb brauchen wir so grosse Apparate, um die Schaltung zu kühlen? Nun ja, wir müssen eine Temperatur von fast Null – also null Kelvin – erreichen, damit das Quantenverhalten in diesen Chips zum dominierenden Verhalten wird.
Das Verhalten bei Zimmertemperatur ist klassisch und kein Quantenverhalten, bei dem eine Superposition auftritt, d. h. Objekte sich gleichzeitig an zwei unterschiedlichen Positionen befinden. Bei diesen geringen Temperaturen, die nur mithilfe meterhoher Kühlungen erzielt werden können, kann man einen quantenmechanischen Zustand erreichen.
Und so etwas möchte keiner in seiner Hosentasche haben.
Der quantenphysikalische Ansatz von Microsoft
Der Ansatz von Microsoft im Bereich Quantencomputing ist anders: Er ist „topologisch“. Das Entwickeln einer Quantenschaltung lässt sich mit dem Bauen eines Kartenhauses vergleichen. Dabei versuchen Sie, etwas zu bauen, indem Sie Karten aufeinander setzen. Das Kartenhaus kann aber beim kleinsten Geräusch oder der kleinsten Störung von aussen zerstört werden.
Eine topologischen Schaltung, die mit topologischen Qubits entwickelt wurde, kann man dagegen eher mit Legosteinen vergleichen. Die Steine lassen sich gut miteinander verbinden, was es ermöglicht, grosse Gebilde zu bauen, ohne das die Struktur dadurch geschwächt wird.
Das ist der grosse Unterschied zwischen Schaltungen mit Qubits und Schaltungen mit topologischen Qubits. Ein Kartenhaus wird instabiler, je grösser es wird, wohingegen die Stabilität bei Lego mit der Grösse zunimmt.
„Quanten sind die Zukunft“
Unser gemeinsamer Ansatz beim Quantencomputing bedeutet, dass wir wissenschaftliche Erkenntnisse beschleunigen und das Computing weiterentwickeln können. Diese wissenschaftlichen Durchbrüche sind nur möglich, wenn theoretische und angewandte Wissenschaften eng zusammenarbeiten.
Mit einem stabilen topologischen Qubit können wir schnell skalieren, sodass wir mithilfe von Quantencomputing reale Probleme lösen können, wie etwa die Probleme des Klimawandels, gesundheitliche oder finanzielle Probleme. Auch bei Optimierungen wie etwa im Bereich Verkehr oder Robotik lassen sich damit durchführen, und vieles mehr.
Wenn wir einen Quantencomputer mit der Azure-Cloud-Plattform verbinden, können wir diese Rechenleistung für mehr Menschen bereitstellen und es ihnen allen ermöglichen, beeindruckende Ergebnisse zu erreichen.
Wir sind die Ansicht, dass Quanten die Zukunft sind – und Microsoft setzt sich für diese Revolution ein. Und wir möchten natürlich auch Teil davon sein.